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letzte Änderung:
16.11.2018

Biodynamische Körperpsychotherapie (nach Boyesen)
Biodynamische Körperpsychotherapie (nach Boyesen)

 


Die Biodynamische Psychologie gehört zu den ältesten Methoden der Körperpsychotherapie in Europa, die wesentliche Grundsteine für die heutigen körperorientierten Ansätze der Psychotherapie gelegt hat. Sie umfasst ein weites Spektrum ganzheitlicher Themen in ihrer humanistischen Philosophie, Spiritualität und Wissenschaft.

Begründet von der norwegischen Diplom-Psychologin und Physiotherapeutin Gerda Boyesen, gemeinsam mit ihren Töchtern Ebba und Mona Lisa Boyesen entwickelt und durchgeführt, wird sie mittlerweile in vielen Ländern der Welt praktiziert.

Sie ist eine tiefenpsychologisch fundierte, körperorientierte Therapieform und basiert u.a. auf den frühen Libidotheorien Freuds sowie den Arbeiten von C. G. Jung und Wilhelm Reich. Biodynamische Psychologie ist eine biologische Theorie von Psychologie, die sich für die organischen Verbindungen von Körper und Psyche interessiert. Für die Biodynamische Körperpsychotherapie sind psychologische Prinzipien nicht nur Theorien und Konzepte, sondern tatsächliche energetische Kräfte, die sich sowohl organisch als auch neurologisch auswirken.

Der Begriff "biodynamisch" erinnert an das Konzept, dass Lebensenergie in natürlichem und spontanem Fluss ist (bios heißt Leben, dynamisch heißt Kraft); Lebensenergie ist die Kraft, die uns bewegt und uns auf allen Ebenen zum Leben bringt: körperlich, intellektuell, gefühlsmäßig und geistig. Sigmund Freud deutete in seinen frühen Libido-Theorien an, dass das Phänomen der psychischen Energie die dynamische Kraft der sexuellen Instinkte sei. Wilhelm Reich führte diese Idee weiter, indem er annahm, dass diese Energie kosmischen Ursprungs sei. Er nannte sie Orgonenergie, die sich als Energiestrom im Körper bemerkbar macht und direkten Einfluss auf das autonome Nervensystem und seine vegetative Funktion hat. Seine Arbeit wurde zum Ursprung der körperorientierten Psychotherapie von heute.

Biodynamische Psychologie ist auch eine Fortsetzung der Arbeiten von Sigmund Freuds Libidotheorie und eine Weiterentwicklung von Wilhelm Reichs Orgonomie und Vegetotherapie, die auf die fundamentalen Zusammenhänge zwischen Körper und Psyche hinwies und jede Pathologie als eine Störung der Bioenergie ansah, die sich in Charakter- und Muskelpanzer sowie psychosomatischen Erkrankungen ausdrückt.

Psychische Probleme, psychosomatische Symptome und Krankheiten sind daher deutliche Signale, dass mit unserem Leben etwas nicht stimmt. Ausgehend von der Annahme, dass alle psychischen Befindlichkeiten also in irgendeiner Form „verkörpert“ sind, werden in der Biodynamik Psyche und Körper als zwei Seiten desselben Lebensprozesses angesehen. Der ganze Organismus wird als Erfahrungsspeicher und Behältnis des Unbewussten und darüber hinaus als fähig zur Selbstregulation und Selbstheilung betrachtet.

Einer der wesentlichsten Beiträge der Biodynamischen Psychologie im Unterschied zu anderen Körperpsychotherapien ist die Entdeckung, dass die toxischen Komponenten von emotionalem und seelischem Stress im Verdauungssystem über die Darmperistaltik durch Flüssigkeit entladen werden können. Unter günstigen Umständen, die in Begleitung emotionaler Erregung auftreten, werden fortlaufend hormonelle Rückstände ausgeschieden. Im vegetativen Nervensystem haben Sympathikus- und Parasympathikusnerv eine wichtige Funktion. Wenn der Sympathikus zu stark arbeitet (bei Stress und Spannung) schließt sich die Darmperistaltik. Entspannt sich der Organismus und der Parasympathikus tritt in Funktion, öffnet sich die Darmperistaltik und trägt auf vegetativer Ebene zur emotionalen Verarbeitung bei. Neuere Forschungen in der Neurophysiologie bestätigen, dass wir noch über ein drittes Nervensystem, das sog. „enterische Nervensystem“ verfügen und im gesamten Verdauungssystem mehr Nervenzellen als im Rückenmark haben. Damit besitzen wir ein sog. „Bauchhirn“ im Verdauungssystem als dem Sitz einer emotionalen Intelligen, das häufig unabhängig vom „Kopfhirn“ reagiert.

Ein weiterer wichtiger Beitrag der Biodynamik für Medizin und Psychosomatik besteht in der Entdeckung, dass Störungen der Harmonie von Psyche und Körper sich auf allen körperlichen Ebenen (über das Konzept des „Muskelpanzers“ bei Wilhelm Reich hinaus) in Form eines „Gewebepanzers“ zeigen. Stoffwechselrückstände verbleiben bei unabgeschlossenen emotionalen Zyklen im Körper und bilden eine Barriere gegen den natürlichen Kreislauf der Körperflüssigkeiten. Die Eingeweide, neben der Nahrungsverdauung auch zuständig für die organische Verdauung emotionaler Konflikte, können die biochemischen Reste psychischer Spannung nicht oder nur unvollständig abbauen; es bildet sich ein „Eingeweidepanzer“. Die spontane Eigenbewegung der mit Flüssigkeit gefüllten Darmwände, die als Peristaltik bezeichnet wird, dient also auch der Regulation nervöser Spannung („Psycho-Peristaltik“ genannt). Oft können diese Geräusche mit dem bloßen Ohr gehört werden; die Verwendung eines Stethoskopes (auf den Bauch des Klienten gelegt) ermöglicht dem Therapeuten eine noch gezieltere Diagnostik und Behandlung. Dabei ist wesentlich, dass ein inneres Gefühl von emotionaler Geborgenheit und Sicherheit vorliegt; erst dann beginnt die Psychoperistaltik zu arbeiten. Wenn sie gut funktioniert, stellt sich eine entspannte, friedvoll gelöste Atmosphäre ein, die von einem harmonischen und frischen Gefühl satter Lebendigkeit begleitet wird. Stimulation der Psychoperistaltik heißt Stimulation des Flusses der Lebensenergie eines Menschen in allen Aspekten seines Seins.

Anwendungsbereich

In jedem von uns steckt die Möglichkeit, ein zufriedenes und bewusstes Leben zu führen.Viele Menschen machen in ihrer Kindheit und späteren Lebenszeit schwierige Erfahrungen. Sie erleben Ablehnung, Überforderung, Unterdrückung, Kränkung, Missachtung und Vernachlässigung, emotionale Ausbeutung, mangelnde Wertschätzung, traumatische Situationen usw. Wir alle sind mehr oder minder davon betroffen. Um unser Überleben zu sichern, passen wir uns an und geben dabei vielleicht viel von dem auf, was eigentlich unsere Persönlichkeit ausmacht. Das reduziert unsere Lebendigkeit und beeinträchtigt unser Denken, Fühlen, Handeln und Empfinden. Innere Impulse, die nicht erwünscht waren, müssen unterdrückt werden; unsere Lebendigkeit kann dadurch in folgenden Bereichen beeinträchtigt werden:

  • auf der verbal-kognitiven Ebene (Gedanken, Erinnerungen, Vorstellungen, Glaubenssätze...)
  • auf der bildlichen Ebene („eingefrorene“ Bilder über uns und die „Welt“...)
  • auf der Gefühlsebene (Verdrängungen, Ängste, Überreaktionen, innere Leere...)
  • auf der Ebene der Körperempfindungen (Schmerz, Taubheit, Lustlosigkeit...)
  • auf der Ebene der Bewegung (Anspannung, Unruhe, Getriebenheit, Schlaffheit...)
  • auf der vegetativen Ebene (Blockierungen der Verdauung, der Atmung, des Blut- und Flüssigkeitskreislaufes, der Stoffwechselprozesse...)

Mit Hilfe der Biodynamischen Körperpsychotherapie können die Blockaden allmählich gelockert und die natürlichen Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte in uns wieder aktiviert werden, so dass nach und nach die ursprüngliche Lebensfreude wieder zurückkehren kann. Das Spektrum der biodynamischen Arbeit reicht dabei von präventiver Arbeit mit Entspannung gegen Stresssymptome (siehe auch „Biorelease“) über die Behandlung von KlientInnen, die einfach mehr Bewusstheit und Lebensfreude erreichen möchten bis hin zu tiefer Psychotherapie bei schwierigen Konflikten, neurotischen Störungen und psychosomatischen Krankheitsbildern.

Die Methode eignet sich sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche. Entwicklungsdefizite aus der frühen Phase, in der das Kind noch nicht spricht, können durch den Zugang über den Körper leichter erreicht und dem Bewusstsein zugänglich gemacht werden.


Die therapeutische Arbeit


Die Biodynamische Körperpsychotherapie verbindet psychoanalytisches Herangehen und körperorientierte Arbeit in systematischer und theoriegeleiteter Weise; sie ermöglicht dadurch, die komplizierte Beziehung zwischen mentalen, emotionalen und muskulären Bedingungen gleichzeitig in einem Heilungsprozess zu behandeln.

Sie bietet ein breites Spektrum verschiedener tiefenpsychologisch fundierter Methoden auf körperlicher, emotionaler und mentaler Ebene, mit denen der Selbstheilungsprozess gefördert und damit neurotischen und psychosomatischen Symptomen die organische Basis zu entzogen wird. Im Gegensatz zu den therapeutischen Methoden, die fast ausschließlich mit Gesprächen arbeiten, beinhaltet die Biodynamische Körperpsychotherapie eine wesentlich tiefer gehende und umfassende therapeutische Arbeit, auch an Themen aus der frühen Kindheit, die verbal häufig nicht zugänglich sind.

Der körpertherapeutische Ansatz ermöglicht einen direkten Zugang zum ursprünglichen Gefühl und den damit zusammenhängenden Konflikten aus der Kindheit, verbunden mit verbesserter Körperwahrnehmung, differenzierter Gefühlswahrnehmung und zunehmender Klarheit, die zu einer schnelleren und tieferen Veränderung der Lebenshaltung beitragen.

Dadurch kann es zu sehr wesentlichen Veränderungen kommen: in der inneren Einstellung, der Lebenshaltung, der Fähigkeit zu Kontakt, Beziehung und Konfliktbewältigung und vor allem auch in der Körperhaltung und dem Körpergefühl. In der Biodynamischen Körperpsychotherapie ist die therapeutische Haltung grundsätzlich einladend, akzeptierend und ermutigend. Viel Wert wird auf einfach da sein und Geschehenlassen gelegt. Die aufmerksame und bewusste Präsenz der Therapeutin / des Therapeuten bildet den Nährboden, auf dem der Klient auf allen Ebenen er selbst sein kann.

In einer solchen Atmosphäre von Sicherheit und Geborgenheit kann die natürliche Selbstregulation dann allmählich wieder funktionieren. Emotional belastende Ereignisse werden nach und nach verarbeitet und die damit verbundenen neurotischen Konflikte gelöst, begleitet von einem Gefühl der Entspannung, Lebendigkeit und Harmonie. Innerhalb des therapeutischen Rahmens werden auch die nötigen strukturierenden und halt gebenden Aspekte, die im Verlauf des Therapieprozesses für den Alltag des Klienten wichtig sind, einbezogen.

Neben der direkten Körperarbeit und intentionalen Berührungen wird viel Raum für tiefenpsychologische Gespräche und emotionales Durcharbeiten gegeben. Bilderarbeit, Körper(spür)übungen, Atemtechniken.
Therapeutische Massagen und verbale Methoden finden Verwendung. Sowohl körperlich als auch psychologisch wird mit dem gearbeitet, was für den Klienten gerade aktuell ist. Auf therapeutische Ansprüche, wie der Klient sein sollte oder wohin er sich zu entwickeln habe, wird so weit wie möglich verzichtet.

Wenn sich die Blockaden lösen, stellen sich zunehmend „strömende“ Gefühle ein, die als sehr beglückend und wohltuend erlebt werden. Damit entsteht ein Gefühl des unabhängigen Wohlbefindens eines Menschen, der sich mit sich wohl und im eigenen Körper und auf der Welt zuhause fühlt und sich von dieser Basis aus vertrauensvoll auf den Kontakt mit anderen Menschen einlassen kann. Der natürliche Rhythmus von Kontakt und Rückzug wird wiederhergestellt und Bewusstheit und Ausdruck in der Beziehung zu anderen Menschen gefördert.

Gelegentlich können während des Therapieprozesses als Anzeichen der Veränderung psychische oder vegetative Reaktionen auftreten, wie z.B. Erkältungen („altes Weinen“) Stimmungsschwankungen, phasenweise Müdigkeit oder auch starke Aktivitätsschübe u.ä. Wir betrachten dies als einen Vorgang, bei dem sich alte neurotische Muster gefühlsmäßig und organisch auflösen. Die Behandlungsdauer ist abhängig von der Befindlichkeit und dem Anliegen, mit der die Klientin / der Klient zu uns kommt. Eine kürzere Dauer zur Lösung einer bestimmten Thematik (Kurzzeittherapie) ist ebenso denkbar wie die kontinuierliche Begleitung über eine längere Phase (Langzeittherapie).

Alte, bisher unverdaute Erfahrungen werden geklärt, der unterbrochene Libidokreislauf wird stimuliert, unabgeschlossene emotionale Erfahrungen runden sich ab, energetische Verhärtungen schmelzen und die Fähigkeit, tief loszulassen, nimmt zu. Wir „müssen“ nicht mehr auf eingeschränkte Art und Weise leben und reagieren, sondern gewinnen sowohl innen als auch außen die Freiheit zurück, wählen und entscheiden zu können, wie wir unser Leben gestalten möchten. Damit kehrt auch das Wohlgefühl zurück, dass das Lebensrecht eines jeden Menschen ist.

BIODYNAMISCHE MASSAGE UND KÖRPERBEHANDLUNG

Die Methoden der Biodynamischen Körperpsychotherapie beinhalten strukturierte Massagen und direkte Körperbehandlungen. Die unmittelbare Arbeit mit und am Körper ist dabei der Schwerpunkt. Das therapeutische Gespräch dient der Integration der Erfahrungen aus der Körperarbeit.

  • kann zu mehr Körperbewusstsein beitragen und eröffnet damit Möglichkeiten, effektiver mit Stress umzugehen
  • kann das reinigende Strömen der Lebensenergie wieder anregen
  • kann den Selbstheilungsmechanismus der Psychoperistaltik anregen und so zur endgültigen Verarbeitung schwieriger Erfahrungen beitragen
  • kann dabei unterstützen, körperliche Fehlhaltungen zu korrigieren
  • kann einschränkende Atemmuster freier machen und damit die psychoperistaltische Selbstregulierung aktivieren
  • kann eine ausgewogenere Balance zwischen dem zentralen und vegetativen Nervensystem (zwischen Kopf und Bauch) fördern
  • kann physische und/oder psychosomatische Beschwerden z.B. Rückenbeschwerden, (Kopfschmerzen, Migräne, Schlaflosigkeit u.ä. lindern und zuweilen ganz beseitigen
  • kann nach traumatischen Ereignissen, die einen körperlich und seelisch aus dem Gleichgewicht gebracht haben, helfen, wieder zu sich zu finden
  • kann einfach wohltuend und stressreduzierend sein, gerade für diejenigen, die für gewöhnlich eher viel geben, für andere da sind, viel arbeiten und sich dabei wenig Ruhe und Entspannung gönnen

Der Umgang mit Berührung, mit Nähe und Distanz, mit Loslassen und Hingabe, aber auch damit, sich abzugrenzen, sind Themen, die in der strukturierten Körperbehandlung erforscht werden können. Das wichtigste jedoch, was die biodynamische Körperbehandlung bewirken kann, ist, in sich ein sicheres Zuhause zu finden und sich selbst und dem eigenen Körper und Gefühl zu vertrauen.

Gerda Boyesens Entdeckung der Schlüsselfunktion des Verdauungssystems, der Peristaltik, für die Verarbeitung von emotionalem und seelischem Stress (Psychoperistaltik) und die Verwendung eines Stethoskopes (auf den Bauch des Klienten gelegt) ermöglichen dabei eine gezielte Diagnostik und Behandlung.

Das Hauptziel der Biodynamischen Körperbehandlung ist die Auflockerung der energetischen Zirkulation, um den Muskelpanzer mit seiner Verbindung zum vegetativen Nervensystem zu beeinflussen. Daraus folgt eine Vertiefung des Atems und ein Gefühl von energetischer Ausdehnung frei von psychologischem und alltäglichem Stress; der Klient kommt stärker in Kontakt mit seiner ursprünglichen Lebensenergie und gelangt zu innerem Gleichgewicht und Wohlbefinden.

Text und Copyright von E.S.B.P.E. e.V.

Europäische Schule für Biodynamische Psychologie (E.S.B.P.E. ) e.V.
Drägerkoppel 7
23684 Gronenberg
Tel: (0) 4524 214 50 15
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Web: www.biodynamik.de

 

     
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