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letzte Änderung:
16.11.2018

Qi Gong
Qi Gong

 
Qi Gong: Die Kunst der Entspannung
 
Qi:



Gong:
Energie, Atem, Lebensenergie, Dampf (im Sinne von Energie, die bei der Vereinigung von Gegensätzen wie Feuer und Wasser entsteht)

Beschäftigung, Praxis, Übung, Erfolg durch Ausdauer und Übung


Qi Gong bedeutet also die „Beschäftigung mit Energie“, bei der man durch ausdauerndes Üben lernt, den Fluß und die Verteilung des Qi in unserem Körper zu verbessern, um die Gesundheit zu stärken und zu einer harmonischen Beziehung zwischen Körper und Geist zu gelangen.

Qi Gong ist ein Jahrtausende altes ganzheitliches System von Selbstheilungstechniken, das gesundheitsfördernde Körperhaltungen, Bewegung, Selbstmassage, Atemtechniken und Meditation umfaßt. Verbrauchtes oder verschmutztes Qi wird durch verschiedene Übungen abgegeben und frisches, heilendes Qi aufgenommen. Dieses reine Qi wird dann im Körper gesammelt und gespeichert. Eine früher gebräuchliche Bezeichnung für Qi Gong „Tuna“ bedeutet „Altes ausstoßen und Neues aufnehmen“ und verweist auf die Bedeutung der Atmung in diesem Zusammenhang. An der Atmung wird das Prinzip des immerwährenden Wechsels von Aufnehmen und Abgeben, von Yin und Yang am deutlichsten. Qigong-Übungen und die dazugehörigen Atemweisen können helfen, diesen Energie- und Gasaustausch effizienter zu gestalten.

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Der Begriff „Gong“ weist auf die “Übung“ oder das „Training“ hin, weil Qi Gong nicht wie Arzneimittel für eine begrenzte Zeit „verordnet“ wird, sondern täglich praktiziert werden soll. Im „Gelben Kaiser“, einem Klassiker der traditionellen chinesischen Medizin aus dem 2. Jh. v. Chr., heißt es: „Behandelt man eine bereits manifeste Krankheit, ist das so, als würde man einen Brunnen zu graben beginnen, wenn man durstig ist oder man würde beginnen, Waffen zu schmieden, wenn man sich mitten in der Schlacht befindet. Kommen diese Aktionen nicht zu spät?“ Tägliches Üben von nur 20 bis 40 Minuten fördert nicht nur das Wohlbefinden, es dient auch der Gesunderhaltung und Krankheitsabwehr. Jeder kann Qigong üben. Die meisten Übungen, die für das Stehen entwickelt wurden, können auch in sitzender oder liegender Position ausgeführt werden, so daß Qigong eine ideale Methode auch für Kranke ist. Neben Gruppenunterricht wird Qi Gong deshalb auch manchmal in Einzelstunden unterrichtet, weil man so besser auf die persönlichen Bedürfnisse der Schüler eingehen und so ein speziell an ihre Probleme angepasstes Übungsprogramm entwickeln kann.

Qigong-Übungen lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: »Übungen in Bewegung« oder »Aktives Qigong« (donggong) und »Übungen in Ruhe« oder »Meditatives Qigong« jinggong), die sich nicht immer streng voneinander trennen lassen. Ruhe und Bewegung sind relative, keine absoluten Prinzipien. Es geht darum, die richtige Balance zu finden zwischen Yin und Yang, nicht nur im Qigong, sondern auch im täglichen Leben.



Das Daoyintu (Seidentuch aus dem 2. Jh. v. Chr. mit Daoyin-, d.h. Qi Gong Körperübungen)

 

Der Qi-Gong-Zustand: „Xu Kong“

„Wie effizient Qi Gong ist, wird durch das Maß des Zur- Ruhe-Kommens (rujing) bestimmt: Je größer die Ausgeglichenheit, desto größer der Nutzen.“ (Hu Bing, Chefarzt der Pekinger Akademie für Chinesische Medizin)

Das Üben von Qigong ist dann am wirkungsvollsten, wenn es in einem ruhigen, gelassenen und entspannten Zustand ausgeführt wird, in dem Körper und Geist in Einklang sind. Man spricht auch vom Zustand des „Taiji“, in dem alle Energien in einem ausgewogenen, harmonischen Verhältnis sind. Die Gehirnströme verlaufen in Alphawellen, man ist emotional und körperlich ausgeglichen und ohne zerstreuende Gedanken. Man lässt die Übung in einem achtsamen, gesammelten Zustand eher geschehen als das man sie „macht“ – ohne jede Anspannung und Zielgerichtetheit. Dadurch entwickelt sich nach einiger Zeit von selbst die natürliche Atmung (shun huxi: „ungehindert fließen, mit dem Strom schwimmen“), was einerseits die Aufnahme von frischem Qi fördert und andererseits die Entspannung auf körperlicher und mentaler Ebene weiter vertieft.

Man kann diesen Qi-Gong-Zustand natürlich nicht „herstellen“; man kann ihn nur zulassen. Auch an einer Pflanze zieht man nicht, damit sie schneller wächst. Man kann zwar für möglichst gute Wachstumsbedingungen sorgen, muß es jedoch der Pflanze überlassen, sich ihren Anlagen gemäß zu entwickeln. Der daoistische Ausdruck Wu Wei, das Nicht-Tun, mit dem das absichtslose Tun gemeint ist, das nicht auf Erfolg schielt, beschreibt die Voraussetzung für eine gute Entfaltung jeder Qigong-Praxis.

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Fang Song Gong – Die Kunst der Entspannung

Fang: Zulassen, machen. Song: Entspannung. Gong: Beschäftigung, Übung, Praxis

Ein zentrales Thema des Qi Gong ist der Begriff Fang Song Gong, der mit dem Wort „Entspannung“ nur unzureichend übersetzt ist. Normalerweise assoziieren wir mit einem entspannten Zustand einen Zustand der Erschlaffung wie z.B. mit einer Tüte Chips vor dem Fernseher zu liegen oder in apathisch in der Sonne zu braten. Im Gegensatz dazu versteht man unter Fang Song Gong einen Zugewinn an Lebendigkeit, eine gesteigerte Vitalität, bei der es sich nicht um das Loslassen aller Spannung dreht, sondern um das Loslassen unnötiger Spannung. Äußerlich lässt man Spannungen los, innerlich bewahrt man jedoch eine gesteigerte Achtsamkeit (Yi), so daß der Körper immer in der Lage ist, spontan auf Veränderungen zu reagieren.

Achtsamkeit
Ein wichtiger Aspekt dieser aktiven Entspannung ist also die nach innen, auf den eigenen Körper und Geist gerichtete Aufmerksamkeit. Oft sind verspannte Körperregionen gar nicht bewußt, sie sind ein blinder Fleck im Bewußtsein: Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen fehlendem Körperbewußtsein und chronischer Anspannung. Umgekehrt hilft natürlich ein verbessertes Körperbewußtsein, Verspannungen zu lokalisieren und loszulassen. Schon das Lenken des Aufmerksamkeit auf einen Bereich hat einen Einfluss auf diesen und bewirkt eine Veränderung, wie man am Beispiel der Atmung gut beobachten kann: Bewußte Atmung verringert die Atemfrequenz, der Atem wird tiefer und ruhiger.

Leichtigkeit und Mühelosigkeit
Ziel des Qi Gong ist es nicht nur, Energie im Körper aufzubauen, sondern auch zu verhindern, daß durch unnötige Spannung oder Kraftanstrengung Energie verschwendet wird. An diesem Prinzip der Mühelosigkeit orientieren sich letztlich alle Bewegungen und Körperhaltungen wie z.B. der aufrechte und zentrierte Stand. Alle Bewegungen, die sich aus dieser Zentrierung heraus begeben, verbrauchen unnötige Energie, die dem Organismus an anderer Stelle fehlt und ihn schwächt. Das Gefühl der Leichtigkeit ist das Ergebnis von bewußt ausgeführter, koordinierter Bewegung. Im Daoismus wird hierfür oft das Bild des Wassers verwendet „Nichts in der Welt ist weicher und schwächer als Wasser. Und doch gibt es nichts, das wie Wasser Starres und Hartes bezwingt. Unabänderlich strömt es nach seiner Art.“ (TaoTeKing 78). Hat man das Gefühl, gegen einen Widerstand zu arbeiten, führt man die Bewegung schon zu angestrengt, d.h. uneffektiv aus. „Kraftanstrengung ist das subjektive Gefühl unnötiger Bewegung.“ schreibt Moshe Feldenkrais.

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Sensibilität
Mit fortschreitender Übung nimmt die Sensibilität für immer feinere Aspekte dieses Nachgebens und Loslassens zu. So gibt es im Taiji Ch'an den Ausdruck: „So leicht, daß keine Feder auf dem Körper liegen, keine Fliege sich abstoßen kann“, der beschreibt, wie weit die Wahrnehmung von überflüssigem Kraftaufwand gehen kann. Mehr Sensibilität bedeutet ein bessere Wahrnehmung eines unausgewogenen Zustandes und beinhaltet so die Möglichkeit, spontan einen Ausgleich wiederherzustellen, zur Natürlichkeit zurückzufinden.
Sensibilität entwickelt sich natürlich im Laufe der Zeit auch nach außen. Unangenehme Situationen werden also auch durch Qi Gong nicht auf wunderbare Weise angenehm, man kann aber schneller wieder seine Mitte und Gelassenheit finden (oder diese gar nicht erst verlieren). Genauso kann man im entspannten Zustand seine eigenen Grenzen besser wahrnehmen und berücksichtigen. Nach einiger Zeit der Übung erlebt man auch im Alltag seine Aktivitäten bewußter und entwickelt so ein besseres Gespür für den Weg zu mehr Ausgeglichenheit.

Ruhe
Spontan und frei agieren zu können setzt auch eine Ruhe des Geistes voraus, die Bereitschaft, Veränderung geschehen zu lassen ohne sie zu bewußt herbeiführen zu wollen. „Loslassen“ bezieht sich also auch auf das Loslassen von Emotionen, was nicht zu Verwechseln ist mit Emotionslosigkeit. Wenn man gelernt hat, an seinen Gefühlen nicht anzuhaften und ihnen so nicht ausgeliefert ist, kann man sie um so intensiver erleben. Kong, die Leere meint eine ruhige und gelassene Geisteshaltung, die nicht in Kategorien von richtig oder falsch denkt und dem Körper (und auch dem Geist) die Gelegenheit zur Selbstregulierung gibt, indem man nicht handelnd eingreift, sondern pure Aufmerksamkeit ist. Auf diese Weise kann schneller ein ausgeglichener Zustand erlangt werden, der die Ausgangsbasis ist für die Entfaltung der Selbstheilungskräfte des Organismus. Alle Prinzipien des Qi Gong und auch des Taiji Ch'an beruhen auf den natürlichen Gegebenheiten des menschlichen Körpers und den organischen Bewegungsmöglichkeiten, die sich aus dem Körperbau ableiten. Es handelt sich um Bewegungskunst, nicht um künstliche Bewegung.

Erdung und Verwurzeln
Das mit dem Spannungsabbau einhergehende Sinken bewirkt schließlich einen intensiveren Kontakt zum Boden, ein Gefühl der Verwurzelung. Energie nach unten sinken zu lassen verringert unsere Kopflastigkeit, der wir aufgrund der Konzentration von Sinnesorganen im Kopf und gleichzeitiger Reizüberflutung unterworfen sind. Verspannte Schultern, Nackenbeschwerden, Kopfschmerzen oder flache Atmung sind alles Zeichen für zu viel Energie, für blockiertes Qi im Oberkörper und Kopf. Die Körperwahrnehmung durch bewußtes Sinken nach unten zu lenken führt zu einer tieferen und deshalb effizienteren Atmung (Dantien-, d.h. Bauchatmung) mit weitreichenden Konsequenzen auf Durchblutung (was als Wärme spürbar wird) und Entspannung.

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Allgemeine gesundheitsfördernde und stressabbauende Aspekte

Seit den 50er Jahren werden in China und im Westen die Wirkungen von Qi Gong und Taiji Ch’an unter den Gesichtspunkten und mit den Methoden der westlichen Wissenschaft und Medizin untersucht. Danach sind bei regelmäßiger Übepraxis positive Auswirkungen unter anderem bei folgenden Indikationen festzustellen:

Ø Rücken- und Gelenkschmerzen

Ø chronische Atemwegserkrankungen (Asthma, chron. Bronchitis, etc.)

Ø Herz-Kreislauferkrankungen

Ø Durchblutungsstörungen

Ø Bluthochdruck

Ø Verdauungsprobleme

Ø Unterstützung des Immunsystems von Krebspatienten

Ø Koordinationsstörungen z.B. nach Schlaganfällen oder Unfällen

Ø Störungen der Bewegungsmotorik

Ø Depressionen

Ø Schlafstörungen, Unruhe

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Der Autor ist Übungsleiter für Taiji Ch'an und Qi Gong und als Assistent in der Ausbildung an der Würzburger Schule für Taiji Ch'an tätig. Weitere Informationen finden Sie unter dem Link!

© Herr Rainer Werb, Übungsleiter für Taiji Ch'an und Qi Gong
www.rainerwerb.de

Anfragen zu Einführungsveranstaltungen oder Einzelstunden an:
info@RainerWerb.de

     
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